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Das Erbe Tibets

 
„Das Erbe Tibets“   lautete der Titel einer Reise, an der ich – wieder von Marco Polo organisiert, wieder von Artur Völker geleitet – 1977 teilnahm und die uns nach Ladakh, Sikkim und Bhutan führte. Vor allem Ladakh und Bhutan waren damals Länder, die touristisch noch kaum erschlossen waren. Ladakh wegen seiner geographischen Lage, Bhutan aus politisch-kulturellen Gründen.

 
Anreise

Die Reise im August 1977 begann etwas chaotisch, da der Flug der Air India von Frankfurt nach Delhi mit Zwischenlandungen in Genf und Kairo fast zwölf Stunden Verspätung hatte. Zwar wurde Genf wegen des Nachtflugverbots nicht mehr angeflogen, aber dafür konnte die Maschine wegen Nebels nicht in Kairo landen und musste zuerst nach Luxor fliegen, dort warten, bis sich der Nebel in Kairo verzogen hatte und konnte dann endlich Kairo ansteuern. Weil der Start dort aber erst erfolgte, als die Temperatur schon so hoch war, dass der Pilot das Flugzeug nicht mehr voll tanken konnte, da es sonst für den Start zu schwer gewesen wäre, mussten wir noch einmal in Kuweit zwischenlanden und kamen erst spätabends in Delhi an, also praktisch mit einem Tag Verspätung. Unser Flug nach Srinagar war natürlich weg und bei den Flügen am nächsten Tag waren keine Plätze mehr frei, weshalb wir einen unfreiwilligen Besichtigungstag in Delhi einlegen mussten und einen weiteren Tag verloren. So kamen wir zwei Tage später als geplant in Srinagar an. Das Programm in Srinagar wurde um einen  Tag gekürzt, so dass wir mit nur einem Tag Verspätung zur Tour nach Ladakh aufbrechen konnten. Weiterhin wurden in Leh die Besichtigungen statt in drei in zwei Tagen absolviert und  bei unserer Rückkunft in Srinagar hatten wir die Verspätung aufgeholt. Damit konnte dann das weitere Programm wie geplant ablaufen.

 
Ladakh

Bis Srinagar bewegten wir uns durchaus auf üblichen touristischen Pfaden. Ab da hatte die Fahrt schon eher Expeditionscharakter: Wir konnten nur einen kleinen Teil unseres Gepäcks mitnehmen, der Rest wurde in Srinagar aufbewahrt. Aber selbst dann musste die Gruppe noch auf zwei Busse (einen größeren und einen kleineren) aufgeteilt werden, da größere Busse, in denen die 21 Teilnehmer und der indische Reiseleiter Platz gehabt hätten, die Strecke nicht bewältigen konnten.

Wie wir bald merkten, war die Straße nach Leh auch nicht für den „normalen“ Verkehr gedacht und die Touristenbusse waren nur geduldet. Denn absoluten Vorrang hatten Militärkolonnen, die uns öfter begegneten und die wir wegen der geringen Straßenbreite an

Ausweichstellen passieren lassen mussten, was zu längeren Stopps zwingen konnte. Diese pflegte Herr Völker oft für Informationsvorträge zu nutzen, so dass wir – was ja das eigentliche Ziel der Reise war – mehr und mehr mit dem tibetanischen Buddhismus vertraut wurden. Auf der Rückfahrt hatten wir auch einen mehrstündigen Aufenthalt, weil die Straße nach schweren Regenfällen durch einen Erdrutsch unpassierbar war.

Was die Übernachtungsmöglichkeiten anlangt, entsprachen diese auch nicht dem, was normale Touristen zu erwarten pflegten: In Uletokpo übernachteten wir in Zelten, in denen es nachts schon recht kühl wurde, die Morgentoilette fand an einem laufenden Wasserhahn im Freien statt. Sonst hatten wir zwar Hotels, die aber, was die hygienischen Bedingungen betraf, den Zeltaufenthalt in Uletokpo eher unterboten. So hatten Herr Völker und ich in Leh zwar ein Zimmer mit Dusche und WC, da aber die Wasserleitung nicht funktionierte, nützte das wenig und wir zogen es vor, die Toilette außerhalb des Zimmers zu benutzen. Über die Betten breiteten wir, nachdem wir sie vorher desinfiziert hatten, meistens eine Plastikplane. Darauf legten wir dann unsere Schlafsäcke. Teppiche in den Zimmern anzuheben war nicht ratsam, weil dadurch die Silberfischchen aufgeschreckt wurden und zu wandern anfingen.

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Obwohl wir uns in großen Höhen bewegten, zum Teil waren die Pässe über 4000 Meter hoch, hatten nur wenige Reiseteilnehmer ernsthaftere Probleme. Dies war wohl auch darauf zurückzuführen, dass wir uns mit den Bussen langsam nach oben schraubten, so dass man Zeit hatte, sich an die dünnere Luft zu gewöhnen. (Ganz anders hatte ich es im Jahr zuvor in Südamerika erlebt, als wir mit dem Flugzeug von Buenos Aires (also von Meereshöhe) kommend in La Paz auf über 4000 Meter landeten. Hier bekam man durch den plötzlichen Wechsel sehr schnell weiche Knie und viele Leute waren für zusätzliche Zufuhr von Sauerstoff dankbar.)

Zurück in Srinagar war es ein Genuss, wieder richtig duschen zu können und wieder die Annehmlichkeiten eines üblichen Hotels zu genießen. 

 

 Darjeeling und Sikkim

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Bhutan

 Von Gangtok aus fuhren wir nach Siliguri, wo wir unsere Jeeps verließen und von drei bhutanesischen Toyota-Bussen abgeholt wurden, die uns nach Puntsholing brachten, wo wir am frühen Abend an der Grenze zu Bhutan eintrafen,  damals der einzige Übergang  nach Bhutan. Im Hotel, das wir kurz darauf erreichten, konnten einige Reiseteilnehmer feststellen, dass sie tatsächlich das Opfer von Blutegeln geworden waren, die in dieser Region gehäuft auftraten und vor denen man uns noch gewarnt hatte. Sie waren zwar nicht gefährlich, aber zumindest sehr unangenehm, so dass ich froh war, dass ich verschont worden war.

Am nächsten Tag ging es weiter in die Hauptstadt Thimphu. Für die etwa 180 Kilometer benötigten wir – natürlich einschließlich etlicher Fotostopps und Lunch – immerhin acht Stunden. Dabei musste man bedenken, dass die Straße von Puntsholing nach Thimpu noch keine zwanzig Jahre alt war, man früher also noch erheblich länger brauchte. Man kann also leicht verstehen, warum der Tourismus im Land, abgesehen von den politisch-kulturell gewollten Beschränkungen, noch sehr schwach ausgeprägt war. Es erhielten auch nur wenige Gruppen Einreisevisa, Einzelreisen waren so gut wie ausgeschlossen.
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Auf der Rückfahrt nach Indien zum Flughafen in Bagdogra in der Nähe von Siliguri konnten wir von der Ebene aus zwischen Wolken den Kangchenjunga sehen. Selbst aus der Entfernung von vielleicht mehr als hundert Kilometern war es ein unglaublicher Eindruck und man kann sich gar nicht vorstellen, dass ein Gebirge so hoch aufragt. Leider war es uns ja nicht vergönnt gewesen, diesen dritthöchsten Berg der Erde von Gangtok aus näher zu sehen, da dort die Berge in Wolken verborgen waren. 

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